Zum aktuellen Stand der klinischen Forschung in Human- und Veterinärhomöopathie
Der vollständige narrative Review ist im Schweizer Archiv für Tierheilkunde erschienen (Band 162, Heft 10, Oktober 2020, 597–615. Online seit 5. Oktober 2020).
Zusammenfassung
Dr. Petra Weiermayer, Prof. Michael Frass, Dr. Thomas Peinbauer und Dr. Liesbeth Ellinger, zwei Humanmediziner und zwei Veterinärmedizinerinnen, haben im Sinne von „One Health“ (eine Gesundheit) einen narrativen Review mit dem Titel „Evidenz-basierte Veterinär-/Homöopathie und ihre mögliche Bedeutung für die Bekämpfung der Antibiotikaresistenzproblematik – ein Überblick“ verfasst, welcher in einem konventionellen Peer-reviewed Journal publiziert wurde.1
Neben der differenzierten Klarstellung der Faktenlage, die Evidenz für die Wirksamkeit der Human- und Veterinär-Homöopathie im Allgemeinen und im Speziellen bei homöopathischen Behandlungen von Infektionen zeigt, haben sie evidenzbasiert Kritik an der Vorgehensweise beim zweiten Australischen NHMRC-Report (National Health and Medical Research Council) sowie beim EASAC-Statement (European Academies Science Advisory Council) geübt.2, 3
Diese Arbeit dient u. a. als Fundament für eine Kooperation mit Universitäten in Österreich, Deutschland und der Schweiz hinsichtlich Forschungsprojekten zur Evaluierung des Potenzials der Homöopathie und Phytotherapie zur Antibiotikareduktion.
Angesichts der Forderungen des Europäischen Grünen Deals (Farm2Fork-Strategie) und der EU-Bio-Verordnung 2018/848
- bis 2030 den Antibiotikaeinsatz EU-weit um 50% zu reduzieren4,
- bis 2030 die Anzahl der Biobetriebe in der EU von 8% auf 25% zu steigern4,
- Homöopathie und Phytotherapie in Biobetrieben bevorzugt anzuwenden, bevor konventionelle Medikamente inklusive Antibiotika zum Einsatz kommen5
erscheint die Anwendung u. a. dieser komplementärmedizinischen Fachdisziplinen im Sinne der integrativen Veterinärmedizin, also konventionelle und komplementärmedizinische Therapieverfahren miteinander zu verbinden („best practices“), zukunftsweisend.
In der Schlussfolgerung des narrativen Reviews, der die Grundprinzipien der Homöopathie sowie ihre gesetzlichen und wissenschaftlichen Grundlagen erörtert und hierbei hinsichtlich externer Evidenz zur Human- und Veterinär-Homöopathie im Allgemeinen auf Studien der Evidenzstufe 1a sowie bei Fokussierung auf die externe Evidenz zur Homöopathie bei Infektionen auszugsweise auf Studien der Evidenzstufe 1a, 1b, 2c eingeht, finden die Autoren klare Worte:
„Die aktuellen nationalen Gesetze (Schweiz, Österreich, Deutschland) und die EU-Gesetzgebung gewähren Qualität und Unbedenklichkeit homöo-pathischer Arzneimittel sowie Sicherheit lege artis durchgeführter homöopathischer Therapien.6–15
Evidenz für die Wirksamkeit der Human- und Veterinär-Homöopathie im Allgemeinen und im Speziellen bei der Behandlung von Infektionen ist für weiterführende Forschungen in diesem Bereich hinreichend belegt. Fünf der sechs Metaanalysen zu verschiedenen Indikationen bis 2014 (siehe Tabelle 2) kamen zu dem Schluss, dass sich die Wirksamkeit der homöo-pathischen Therapie von Placebo unterscheidet.16–20 Nur der systematische Review mit Metaanalyse von 2005 sowie der zweite Austra-lische NHMRC-Report und das EASAC-Statement, wo jeweils mehr als 90% der Studien von der Analyse ausgeschlossen wurden, zeigten keine Wirksamkeit der Homöopathie über Placebo hinaus.21, 2, 3
Ein Review von 2013 bestätigte bereits, dass mehr als 90% aller Studien ausgeschlossen werden müssen, um folgern zu können, dass Homöopathie nicht wirksam sei.22 Besonders für die individualisierte Homöopathie sind Effekte auf allen Qualitätsstufen nach Cochrane-Kriterien erkennbar, auch in den methodisch hochwertigen Studien. Offenbar nicht-wissenschaftliche Interessen führten folglich zu Fehlinformationen gegenüber der Homöopathie.23
Nebst Studien zum Wirksamkeitsnachweis der Homöopathie bei Infektionen zeigen Daten aus der Versorgungsforschung, sogenannte Real World Data, das Potenzial einer signifikanten Reduktion des Antibiotikaeinsatzes durch homöopathische Behandlungen auf (siehe Tabelle 3).
Nicht zuletzt aufgrund der globalen Bedrohung durch die Antibiotikaresistenzproblematik bedarf es in der Human-Homöopathie genau wie in der Veterinär-Homöopathie dringend weiterer methodisch hochwertiger Studien.
Für die Qualitätssicherung weiterer Studien ist deren Durchführung an universitären Einrichtungen eine Voraussetzung, was erst durch die Integration der Komplementärmedizin inklusive Homöopathie an den Universitäten möglich werden kann.
Diese absolut notwendige Konsequenz und Forderung im Sinne der Patienten, wird durch die amerikanische Consensus Guideline zu universitärer Fortbildung in Integrativer Veterinärmedizin bereits geltend gemacht und ist in der Schweiz gemäß Medizinalberufegesetz für Unterricht und Forschung an der Universität gesetzlich verankert.24, 25“1
Referenzen
- Weiermayer P, Frass M, Peinbauer T, Ellinger L. Evidenzbasierte Veterinär-/Homöopathie und ihre mögliche Bedeutung für die Bekämpfung der Antibiotikaresistenzproblematik – ein Überblick. Schweiz Arch Tierheilkd. 2020; online publication.
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